Rückblick

Umweltrecht sollte kein „Wirtschaftsschutzgebiet" sein

von Christine Ax

Poyabrücke in Freiburg im klaren herbstlichen Tageslicht, stellvertretend für Verbindung und Wandel im Diskurs über Rechte der Natur und Eigentum
Foto: Adrian, Pixabay

Prof. Catarina Zengerling: „Umweltrecht sollte kein ‚Wirtschaftsschutzgebiet‘ sein. Rechte der Natur juristisch relativ einfach möglich. Eigentum zur Nachhaltigkeit verpflichten.“

Die Katholische Akademie in Freiburg setzte am Freitag, 23. Oktober, ihre Reihe „Über Leben im Anthropozän“ mit einem spannenden Abend über „Die Rechte der Natur“ fort.
Der Rechtsphilosoph Tilo Wesche (Oldenburg) und die Rechtsprofessorin und Transformationsforscherin Katrin Zengerling (Uni Freiburg) diskutierten darüber, ob die Ökologisierung des Eigentumsbegriffs und die Rechte der Natur ein „Game Changer“ sind und uns aus der ökologischen Krise herausführen können.

Beide Experten bejahten die Notwendigkeit eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels und sprechen sich für die Rechte der Natur aus. Interessante Unterschiede gab es bei der Einschätzung der juristischen Durchsetzbarkeit und der gesellschaftlichen Wahrnehmung.

Sie sprachen beide von der Dringlichkeit des Wandels. Das Umweltrecht habe trotz der zahllosen internationalen Abkommen und unzähliger nationaler Gesetze die ökologischen Krisen (Klima, Biodiversität, Ressourcen) nicht verhindert.

Das Umweltrecht leide nicht nur an einem riesigen Vollzugsdefizit, sondern auch an mangelnder Qualität. Die Verankerung der Rechte der Natur sei „ein ganz wichtiges Instrument“, um einen grundlegenden Wandel voranzubringen.

Tilo Wesche argumentierte, sprach vom geltenden Eigentumsrecht als „Einfallstor für unsere Ökokrisen“, da es eine „gewisse Wildkürfreiheit“ über Naturgüter erlaubt. Prof. Catarina Zengerling stimmte zu und sprach vom Umweltrecht als eine Art „Wirtschaftsschutzgebiet“. Beide halten es für möglich, Eigentum und die Rechte der Natur als Motor für den ökologischen Wandel zu nutzen.

Zengerling sprach davon, dass die Anerkennung der Rechte der Natur „relativ unproblematisch“ sei. Dies würde von sehr vielen Juristen so gesehen. Sie erinnerte an die Aussage des ehemaligen Verfassungsrichters Grimm: „Recht ist geronnene Politik.“ Sie geht davon aus, dass das deutsche Grundgesetz trotz „Ewigkeitsklausel“ nicht zum Anthropozentrismus verpflichtet sei, und verwies auf die Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichtes im Fall Mar Menor. Dieses hatte diesen Einwand mit dem Verweis darauf entkräftet, dass Menschen Teil der Natur sind.

Wesche und Zengerling diskutierten „die richtige Schwelle“ bei der Einführung der Rechte der Natur und über Details der Transformation des Eigentumsbegriffs. Während Wesche argumentierte, die Ökologiepflichtigkeit des Eigentums sei eine einfache Weiterentwicklung (Evolution) des Rechtes, zeigte sich Catarina Zengerling davon überzeugt, dass das Eigentum heute so sehr „heilige Kuh“ sei, dass Wesches Vorschlag (Eigentum der Natur an sich selbst und an ihrer Wertschöpfung) von den meisten als Revolution wahrgenommen würde.

Sie sprach sich für eine „minimalinvasive“ Strategie aus und empfahl, die Sozialpflichtigkeit des Eigentums einfach nur um eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeit zu ergänzen. Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet.

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