Rückblick auf das Netzwerktreffen im April: Rechte der Tiere im Grundgesetz?!
Tiere, Natur und das Recht, Recht zu haben – Bericht eines spannenden Austauschs

Die Rechte-der-Natur-Bewegung und die Tierrechtsbewegung haben viel gemeinsam – und doch arbeiten sie oft nebeneinander her. Dabei könnten sie zusammen mehr erreichen: etwa bei Gesetzesinitiativen oder einer Europäischen Bürgerinitiative. Diese Erkenntnis war Anlass für ein Online-Meeting, das zum Ziel hatte, Brücken zu bauen – juristisch, ethisch und strategisch.
Den Auftakt machte Dr. Nina Kerstensteiner mit einer Blitzumfrage: Sollten Fische, die in einem Fluss mit eigenen Rechten leben, auch selbst Rechte haben? Das Ergebnis war eindeutig – 94 % sagten Ja! Und zwar nicht nur bei Fischen, auch bei Rehen, Käfern und Schweinen im Stall. Für viele war klar: Tiere gehören zur Natur – also sollten sie von Naturrechten mitgemeint sein. Doch die Theorie ist komplexer.
In ihrer Präsentation erklärte Kerstensteiner die Unterschiede zwischen den beiden Bewegungen: Die Rechte der Natur sind ökozentrisch – sie denken in Kreisläufen, Ökosystemen, dem Ganzen. Die Tierrechte hingegen sind individualistisch – sie stellen das einzelne empfindungsfähige Wesen in den Mittelpunkt, mit Fokus auf Leidvermeidung und Gerechtigkeit. Zwei Denkweisen, zwei Strategien, ein Ziel: mehr Schutz für alles Lebendige.
Als Brücke zwischen den Konzepten nannte sie den Estreita-Fall aus Ecuador, bei dem ein Gericht Naturrechte erstmals auf ein einzelnes Tier – ein Kapuzineräffchen – anwandte. Ein kleiner Affe mit großer juristischer Wirkung.
Diskutiert wurde auch, ob Tiere explizit in die deutsche Grundgesetzinitiative aufgenommen werden sollten. Pro: Tiere leiden individuell – das sollte klar benannt werden. Contra: Sie sind Teil der Natur und damit „mitgemeint“. Kerstensteiners Vorschlag: Im Artikel 20a des Grundgesetzes ergänzen – „die Rechte der Natur und der Tiere“. Klare Worte, aber keine einfache Entscheidung.
In der Diskussion zeigte sich: Manche sehen die Rechte der Natur als Dachmodell, unter dem auch Tiere und Menschen ihren Platz finden. Andere betonten, dass Tiere als fühlende Wesen eigene, spezifische Rechte brauchen – etwa auf körperliche Unversehrtheit oder ein artgerechtes Leben.
Auch juristische Wege wurden ausgelotet: von der Aufnahme in Landesverfassungen über ein „ökologisches Grundgesetz“ bis hin zur Klagebefugnis durch NGOs oder Tiervertreter. Emotional wurde es, als die Frage aufkam: Dürfen wir Tiere töten – und wenn ja, warum? Ein Thema, das mehr als nur juristisch beantwortet werden muss.
Fazit: Die Bewegungen verfolgen unterschiedliche Ansätze, teilen aber grundlegende Ziele. Ob Tiere ausdrücklich genannt werden müssen, bleibt umstritten – doch die Diskussion ist eröffnet. Und wer weiß: Vielleicht beginnt genau hier eine neue Allianz für die Rechte der Lebewesen.