Buchbesprechung

Erd verbunden sein

von Helmut Scheel

KONTAKT

Beisitzender Netzwerk Rechte der Natur e.V.

Helmut Scheel

helmut.scheel@rechte-der-natur.de

Mehr über Helmut erfahren

Buchcover „Ort verbunden sein“ vom Verlag w_orten & meer neben dem Porträt von Helmut Scheel vor einem moosbewachsenen Baum. Symbol für Naturverbundenheit. Foto: Patrick Schulz, Pixabay.

(Herausgegeben von Gavin Van Horn, Robin Wall Kimmerer und John Hausdoerffer)

Ein Buch, das uns erden soll

Der erste Band der Reihe verbunden sein aus dem w_orten & meer Verlag soll uns erden. Siebzehn Beiträge von den unterschiedlichsten Menschen stellen die Lesenden vor Fragen und geben persönliche Einblicke in das Erderleben. In ihrem Essay „Erdlinge werden“ schreibt die Geologin Marcia Bjornerud: „Ich frage mich oft, wann genau westliche Gesellschaften aufgehört haben, die Erde als einen Ort voller Weisheit zu begreifen – in der nach Shakespeares ‚Wie es euch gefällt‘ ‚Bücher in fließenden Bächen, Predigten in Steinen‘ zu finden sind …“

Sternenstaub und galaktische Verwandtschaft

Wir sind jedoch nicht nur Erdlinge, sondern Sternenstaub, hervorgebracht und genährt vom Kosmos. Bjornerud schreibt weiter: „Es gibt sogar eine sprachliche Verwandtschaft … die mystisch milchige Natur der Milchstraße als etymologisch galaktisch (Altgriechisch, galaktos ‚Milch‘) …“ Wenn uns schon die Galaxie nährt, woran sollte es uns dann mangeln?

Die Gewalt des Menschen und die Notwendigkeit einer Weltbeziehung

Letztlich sind wir Menschen in kapitalistischen und industriellen Staaten es, die unsere Erde zerstören und ihr Gewalt antun. David Abram schreibt: „Wir befinden uns an einem entscheidenden Punkt der Weltentwicklung. Die Gewalt des Menschen gegen den Menschen findet ihresgleichen nur in der Gewalt, die wir an der lebendigen Welt verüben – mit Ökosystemen an Land und im Wasser, die unter dem Gewicht der ständigen Angriffe zusammenbrechen, und mit zahllosen Arten, die als Ergebnis unserer arroganten Missachtung in Vergessenheit gedrängt werden.“

Wir brauchen wieder eine Weltbeziehung. Wir müssen wieder in Resonanz kommen, wie es Hartmut Rosa ausdrücken würde. Unsere Lebensweise im globalen Norden ist tödlich, für uns selbst und für das Leben auf diesem Planeten.

Vom Mond zur Erde

Und dann, weil uns die Erde nicht mehr reicht, soll, wie Ceridwen Dovey schreibt, unser „naher ferner Satellit“ zu einer zukünftigen Bergbauregion werden. War der Mond früher eine Gottheit, wie noch heute bei vielen indigenen Völkern, so soll er nach kapitalistischen Überlegungen ausgeschlachtet werden, wie zuvor schon unsere Mutter Erde.

Wissenschaft und Erkenntnis

In einem Interview von Steve Paulson mit Marcelo Gleiser geht es auch um die Grenzen der Wissenschaft. Gleiser sagt: „Wissenschaft bedeutet, sich mit der Natur zu beschäftigen. … Wir untersuchen sie mit einer ganzen Menge Instrumenten. … Wissenschaft ist nicht der einzige Weg zur Erkenntnis. Viele Wege führen dorthin.“ Erkenntnis lässt sich am besten in Beziehung erfahren, sei es durch technische Geräte, persönliche Begegnungen oder durch emotionale Sinneswahrnehmungen. Auch die spirituelle Vertiefung kann zu wertvollen Einsichten führen.

Verbundenheit zwischen den Arten

Manulani Aluli Meyer schreibt in ihrem Kapitel „Verbundenheit zwischen den Arten in Hawai‘i“: „Dieses Land, das mich in seinen Tiefen nährte, erfüllt mich.“ Wie könnte man innigeres Verbundensein beschreiben? Beim Lesen dieses Buches kann man sich fallen lassen und fühlt sich getragen. Wir können auf die Erde fallen, weil sie uns letztlich doch trägt. Sie ist die Hand, die uns stets auffängt.

Die Poesie der Erde

Die tiefgründige Poesie der verschiedenen Texte, geschrieben von Menschen aus unterschiedlichen Herkünften und Erlebniswelten, überträgt ein Gefühl des Verbundenseins mit den Schreibenden und mit unserer tragfähigen, wunderbaren Welt. Die Erde ist kein zufälliger Gesteinsbrocken in den unendlichen Weiten des Kosmos, sondern unsere Heimat, auf die wir ausgerichtet sind. Sie ist unsere Mutter, da wir aus ihr geboren wurden, wie viele heilige Texte der Religionen hervorheben. Wir können uns an die Erde schmiegen und uns in ihr versenken. Sie bietet uns Geborgenheit, wenn wir nicht mehr weiter wissen und uns verkriechen wollen.

Einladung zur Berührung

Dies zu erleben, lädt das Buch ein. Es ist eine Einladung, sich berühren zu lassen. Mich hat es berührt. Wer sich gerne von der Erde berühren lassen möchte, findet in diesen Texten Wege, die helfen können, den eigenen Zugang und den persönlichen Draht zu unserer Erde zu entdecken.

Hinweis

Beim Netzwerktreffen am 29. Oktober 2025 wird Lann Hornscheidt (Geschäftsführung) vom Verlag w_orten & meer auf das Buch „Ort verbunden sein“ eingehen. Im Mittelpunkt des Netzwerktreffens steht die Serie „verbunden sein“, die sich mit der Verbindung zur Natur und den Rechten des Lebendigen beschäftigt und neue Perspektiven eröffnet. Freuen Sie sich auf inspirierende Impulse, anregende Gespräche und die Gelegenheit, mehr über die Rechte der Natur zu erfahren.

Lann Hornscheidt vom Verlag w_orten [&] meer beim Netzwerktreffen Oktober 2025 „Verbundensein“. Gespräch über Naturverbindung, Sprache und Rechte der Natur.

Über den Verlag

w_orten & meer – Verlag für verbindendes, diskriminierungskritisches Handeln. Bücher, die Brücken schlagen zwischen Mensch und Natur – für mehr Verbundenheit und Mitgefühl.
www.wortenundmeer.net

KONTAKT

VORSTÄNDIN NETZWERK RECHTE DER NATUR E.V

Christine Ax

+49 ​(0) 151 ​26691150

Schlagworte

Übersicht anzeigen

Verwandte Artikel

Moosbedeckter Baum, Buchcover „Ort verbunden sein“ und Porträt von Helmut Scheel. Bild für gelebte Rechte der Natur und die Verbundenheit zwischen Mensch und Ort. Foto: Patrick Schulz, Pixabay.

Buchbesprechung

Ort verbunden sein. Ein Buch über gelebte Rechte der Natur

Ort verbunden sein“ ist mehr als ein Buch. Es ist eine Einladung, die Welt als lebendiges Gegenüber zu spüren. Indigene Stimmen aus Neuseeland, Ecuador und anderen Teilen der Erde erzählen von Orten, an denen die Rechte der Natur selbstverständlich gelebt werden. Ein poetisches Werk über Zuhören, Beziehung und die Kraft des Verbunden Seins.

Weiterlesen …

Beim Lesen von Vielfalt achten von Andreas Hetzel erscheint Helmut Scheel vor einem farbigen Hintergrund mit Schmetterlingsmotiv. Eine Gedankenblase neben ihm zeigt zentrale Schlagworte aus dem Buch: Poesie als Erkenntnisweg, Mitwelt statt Umwelt, Staunen

Buchbesprechung

Zwischen Nichtwissen und Verbundenheit – Andreas Hetzels poetische Ethik der Biodiversität

Wie lässt sich Vielfalt ethisch achten? Andreas Hetzel verknüpft in seinem Werk philosophische Tiefe mit ökologischem Ernst. Die poetische Sprache, zentrale Konzepte wie Nichtwissen oder Mitwelt und aktuelle Beispiele wie das Insektensterben machen das Buch zu einem eindrucksvollen Appell für ein neues Verhältnis zur Natur.

Weiterlesen …

Bericht

Beziehungen sichtbar machen – Systeme in Bewegung bringen.

Wie sieht unsere Beziehung zur Natur aus – und wie könnte sie sich ändern, wenn Flüsse Rechte hätten? In einer Systemaufstellung untersuchte das Netzwerk Rechte der Natur gemeinsam mit Expert*innen die Verbindung zwischen der Spree und Berlin. Das Ergebnis: Unsichtbare Strukturen wurden sichtbar. Ein kraftvoller Impuls für den Wandel!

Weiterlesen …

Buchcover „Die Natur verhandelt nicht“ von Reinald Eichholz. Auf dem Cover: ein einzelner Baum unter dunklem, blaugrauem Himmel, das Buch liegt auf sandigem Untergrund mit grafischen Elementen, klarer Schattenwurf.

Buchbesprechung

Die Natur verhandelt nicht

Mit „Die Natur verhandelt nicht“ legt Reinald Eichholz ein tiefgründiges Plädoyer für die rechtliche Anerkennung der Würde der Natur vor. Das Buch verbindet juristische Grundlagen mit spirituellem Naturverständnis und zeigt, wie die Rechte der Natur zur Basis gesellschaftlicher Transformation werden können. Jetzt die Rezension von Helmut Scheel erleben.

Weiterlesen …

Moosbedeckter Stein im Wald, symbolisch als Naturmonument und Sinnbild eines „Parlaments der Natur". Foto: Harley Lin/Unsplash, bearbeitet
Foto: Harley Lin/Unsplash, bearbeitet

Buchbesprechung

„Das Parlament der Natur“ – Ein faszinierendes Gespräch über die Welt von morgen

In der Buchbesprechung von Helmut Scheel zu „Das Parlament der Natur“ erfahren wir, wie Sarah Darwin, Johannes Vogel und Boris Herrmann in einem faszinierenden Gespräch Natur, Wissenschaft und Politik miteinander verbinden. Ein Denkanstoß, der uns zum Handeln anregt und unsere Beziehung zur Erde hinterfragt.

Weiterlesen …