(Herausgegeben von Gavin Van Horn, Robin Wall Kimmerer und John Hausdoerffer)
Ein Buch, das uns erden soll
Der erste Band der Reihe verbunden sein aus dem w_orten & meer Verlag soll uns erden. Siebzehn Beiträge von den unterschiedlichsten Menschen stellen die Lesenden vor Fragen und geben persönliche Einblicke in das Erderleben. In ihrem Essay „Erdlinge werden“ schreibt die Geologin Marcia Bjornerud: „Ich frage mich oft, wann genau westliche Gesellschaften aufgehört haben, die Erde als einen Ort voller Weisheit zu begreifen – in der nach Shakespeares ‚Wie es euch gefällt‘ ‚Bücher in fließenden Bächen, Predigten in Steinen‘ zu finden sind …“
Sternenstaub und galaktische Verwandtschaft
Wir sind jedoch nicht nur Erdlinge, sondern Sternenstaub, hervorgebracht und genährt vom Kosmos. Bjornerud schreibt weiter: „Es gibt sogar eine sprachliche Verwandtschaft … die mystisch milchige Natur der Milchstraße als etymologisch galaktisch (Altgriechisch, galaktos ‚Milch‘) …“ Wenn uns schon die Galaxie nährt, woran sollte es uns dann mangeln?
Die Gewalt des Menschen und die Notwendigkeit einer Weltbeziehung
Letztlich sind wir Menschen in kapitalistischen und industriellen Staaten es, die unsere Erde zerstören und ihr Gewalt antun. David Abram schreibt: „Wir befinden uns an einem entscheidenden Punkt der Weltentwicklung. Die Gewalt des Menschen gegen den Menschen findet ihresgleichen nur in der Gewalt, die wir an der lebendigen Welt verüben – mit Ökosystemen an Land und im Wasser, die unter dem Gewicht der ständigen Angriffe zusammenbrechen, und mit zahllosen Arten, die als Ergebnis unserer arroganten Missachtung in Vergessenheit gedrängt werden.“
Wir brauchen wieder eine Weltbeziehung. Wir müssen wieder in Resonanz kommen, wie es Hartmut Rosa ausdrücken würde. Unsere Lebensweise im globalen Norden ist tödlich, für uns selbst und für das Leben auf diesem Planeten.
Vom Mond zur Erde
Und dann, weil uns die Erde nicht mehr reicht, soll, wie Ceridwen Dovey schreibt, unser „naher ferner Satellit“ zu einer zukünftigen Bergbauregion werden. War der Mond früher eine Gottheit, wie noch heute bei vielen indigenen Völkern, so soll er nach kapitalistischen Überlegungen ausgeschlachtet werden, wie zuvor schon unsere Mutter Erde.
Wissenschaft und Erkenntnis
In einem Interview von Steve Paulson mit Marcelo Gleiser geht es auch um die Grenzen der Wissenschaft. Gleiser sagt: „Wissenschaft bedeutet, sich mit der Natur zu beschäftigen. … Wir untersuchen sie mit einer ganzen Menge Instrumenten. … Wissenschaft ist nicht der einzige Weg zur Erkenntnis. Viele Wege führen dorthin.“ Erkenntnis lässt sich am besten in Beziehung erfahren, sei es durch technische Geräte, persönliche Begegnungen oder durch emotionale Sinneswahrnehmungen. Auch die spirituelle Vertiefung kann zu wertvollen Einsichten führen.
Verbundenheit zwischen den Arten
Manulani Aluli Meyer schreibt in ihrem Kapitel „Verbundenheit zwischen den Arten in Hawai‘i“: „Dieses Land, das mich in seinen Tiefen nährte, erfüllt mich.“ Wie könnte man innigeres Verbundensein beschreiben? Beim Lesen dieses Buches kann man sich fallen lassen und fühlt sich getragen. Wir können auf die Erde fallen, weil sie uns letztlich doch trägt. Sie ist die Hand, die uns stets auffängt.
Die Poesie der Erde
Die tiefgründige Poesie der verschiedenen Texte, geschrieben von Menschen aus unterschiedlichen Herkünften und Erlebniswelten, überträgt ein Gefühl des Verbundenseins mit den Schreibenden und mit unserer tragfähigen, wunderbaren Welt. Die Erde ist kein zufälliger Gesteinsbrocken in den unendlichen Weiten des Kosmos, sondern unsere Heimat, auf die wir ausgerichtet sind. Sie ist unsere Mutter, da wir aus ihr geboren wurden, wie viele heilige Texte der Religionen hervorheben. Wir können uns an die Erde schmiegen und uns in ihr versenken. Sie bietet uns Geborgenheit, wenn wir nicht mehr weiter wissen und uns verkriechen wollen.
Einladung zur Berührung
Dies zu erleben, lädt das Buch ein. Es ist eine Einladung, sich berühren zu lassen. Mich hat es berührt. Wer sich gerne von der Erde berühren lassen möchte, findet in diesen Texten Wege, die helfen können, den eigenen Zugang und den persönlichen Draht zu unserer Erde zu entdecken.